Ostereier – Gedicht von Edgar Steiger

Ostergedicht von Edgar Steiger

Edgar Steiger (geboren 13. November 1858 in Egelshofen, Schweiz, heute Kreuzlingen; gestorben 23./24. Oktober 1919 in München) war ein deutsch-schweizerischer Schriftsteller und Journalist. Als 12. Kind eines rennomierten evangelischen Pfarrer und hochbegabt war ihm eigentlich eine kirchliche Karriere beschieden. Doch nach einigen Jahren des Studiums der Theologie und Philosophie floh er der Enge der konservativ-religiösen Familie nach Leipzig und brach schluendlich das Studium ab. Ab 1884 versuchte er sich als Schriftsteller und Theaterkritiker bis er in der jungen Sozialdemokratie eine Heimat fand.
Seit 1913 kämpfte er beim „Schutzverband deutscher Schriftsteller“ (SDS) für höhere Zeilenhonorare für Journalisten. Als die Papierknappheit im Krieg dazu kam wurde es für Steiger und andere Journalisten unmöglich mit ihrem Beruf Geld zu verdienen. Krieg, Verarmung und Hunger hatten Edgar Steigers Lebenskräfte erschöpft. Er starb in der Nacht vom 23. auf 24. Oktober 1919 an einer akuten Lungenentzündung.
Das Gedicht „Ostereier“ ist ein lustiges und fast spöttisches Gedicht mit starken politischen Bezügen.

Osterbilder - Ostereier
Ostereier

Ostereier

Das Osterei ist ein Symbol:
Das Volk kann niemals sterben;
Doch kluge Köche können wohl
Die Schale anders färben.

Längst mischen sie ihr rouge et noir,
Doch weiß ein jeder Bayer:
Die harten Eier heißen „Oar“,
Die weichen nennt man Eier.

Wer dich in den April geschickt,
Verhau den Kerl nur feste!
Doch wisse: wer mit weichen spickt,
Bekleckert sich die Weste.

Beim Eierlegen gibt’s Geschrei,
Gegacker und Gebimmel.
Ein schwarzes Ei – ein faules Ei!
Es platzt und stinkt zum Himmel.

Drum, wenn du Eierkuchen bäckst,
Prüf’ erst das Ei im Glase!
Bevor du mit der Zunge schmeckst,
So rieche mit der Nase!

Und ist’s der Henne einerlei,
Ob Körner auf der Tenne,
Ob Häcksel, ei, so sei das Ei
Mal klüger als die Henne!

Edgar Steiger