🐰 Ostergedicht von Ringelnatz

Wenn die Schokolade keimt …

Tulpenfeld rot gelb Osterblumen

Das Ostergedicht, das alle überrascht.

Hier treibt Joachim Ringelnatz seine groteske Unsionspoesie in neue Höhen und gleichzeitig ist dennoch die Freude auf Ostern zu spüren.

Lassen Sie sich selbst überraschen.

Wenn die Schokolade keimt …
So beginnt das lustige Ostergedicht von Joachim Ringelnatz.
Joachim Ringelnatz (* 7. August 1883 in Wurzen; † 17. November 1934 in Berlin; eigentlich Hans Gustav Bötticher) war ein deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler, der vor allem für humoristische Gedichte und groteske Unsinnspoesie bekannt ist.
Sein Ostergedicht ist ein schönes Beispiel für Ringelnatz Spiel mit den Worten und Stilelementen. Gleichzeitig kann man seine Fröhlichkeit fast spüren und sein Augenzwinkern sehen. Unübersehbar ist Ringelnatz, zeitlebens ein sehr religiöser Mensch, eigene Freude auf das Osterfest.

OSTERN

Wenn die Schokolade keimt,
Wenn nach langem Druck bei Dichterlingen
„Glockenklingen“ sich auf „Lenzesschwingen“
Endlich reimt,
Und der Osterhase hinten auch schon preßt,

Dann kommt bald das Osterfest.

Und wenn wirklich dann mit Glockenklingen
Ostern naht auf Lenzesschwingen, – – –
Dann mit jenen Dichterlingen
Und mit deren jugendlichen Bräuten

Draußen schwelgen mit berauschten Händen – – –
Ach, das denk ich mir entsetzlich,
Außerdem – unter Umständen –
Ungesetzlich.
Aber morgens auf dem Frühstückstische

Fünf, sechs, sieben flaumweich gelbe, frische
Eier. Und dann ganz hineingekniet!
Ha! Da spürt man, wie die Frühlingswärme
Durch geheime Gänge und Gedärme
In die Zukunft zieht,

Und wie dankbar wir für solchen Segen
Sein müssen.

Ach, ich könnte alle Hennen küssen,
Die so langgezogene Kugeln legen.

Joachim Ringelnatz